Täglich prasseln die Werbebotschaften der Konzerne auf uns ein: Kauf das, konsumiere jenes, beweise allen deine „Unabhängigkeit“, deine „Männlichkeit/Weiblichkeit“ oder deine „Individualität“ durch den Erwerb eines spezifischen Produkts. Descartes „Ich denke, also bin ich“ wird heute ein „Du kaufst, also bist du besser“ entgegengestellt.

Viele meinen, es würde sich nicht lohnen gegen die desaströsen Machenschaften der Konzerne anzugehen. Sie wären zu mächtig, ihre Armeen an Juristinnen, Werbepsychologen und PR-Leuten einfach unbezwingbar, ihre Lobbyisten zu einflussreich. Das kann man natürlich so sehen. Ich aber finde gerade deswegen müssen wir etwas gegen sie machen.

Betrachten wir im Folgenden auf drei Ebenen und anhand exemplarischer Beispiele, wieso multinationale Konzerne die Umwelt zerstören, Menschen und Tiere ausbeuten und unser Sozialsystem bedrohen. Und auch was wir dagegen machen können, wenn wir uns unserer Möglichkeiten bewusst werden und sie zielgerichtet einsetzen.

Menschenrechte

Ob bei Hungerlöhnen, der Zerstörung von indigenem Lebensraum, der Aneignung von Ackerflächen oder dem Raub von Bodenschätzen: Die Verantwortlichen sind zumeist multinationale Konzerne. Die Leidtragenden sind immer die Ärmsten und Schwächsten ihrer Länder, die zu Working Poor, zu Obdachlosen und zu Hungernden werden.

Konzerne dringen über das Regime der Welthandelsorganisation, unter Anleitung führender Industrienationen, mit ihren subventionierten Produkten auf die Märkte sogenannter Entwicklungsländer ein und verhindern die Festigung eigener Strukturen. Sie zementieren Abhängigkeiten, wie wir sie aus Kolonialzeiten kennen.

Das führt zu einer tiefgreifenden Schutzlosigkeit, besonders fatal etwa im Falle von Hungersnöten und bei heftigen Schwankungen von Lebensmittelpreisen, welche von Rohstoff-Spekulationen an den Börsen verstärkt werden. Fortschreitende Radikalisierung und stärker werdende Migrationsbewegungen sind davon beeinflusst.

Tierrechte

Neben den Menschen sind auch die Natur und die Tierwelt negativ vom rücksichtslos profitmaximierenden Agieren der Konzerne betroffen. Beispielsweise durch die Brandrodung von Urwäldern, die Überfischung von Gewässern oder die Kontaminierung von Böden durch aus Pipelines austretendes Öl, werden ihre Lebensräume nachhaltig vernichtet.

Dies führt zu einem unfassbaren Artensterben und wirkt dadurch auch langfristig negativ auf unser Ökosystem – teilweise mit noch nicht gänzlich abschätzbaren Folgen. Doch nicht nur in den Küstengebieten oder in den fernen Ländern Asiens und Afrikas wird auf den Kadavern der Tiere der Profit gesteigert, auch bei uns floriert das Geschäft.

Der Konsum tierischer Lebensmittel boomt und wird kräftig mit Steuergeldern subventioniert. Sei es bei immer größer werdenden Tierfabriken, wo Millionen von Tiere als lästiges Beiwerk direkt im Abfall landen (bspw. männliche Küken) oder bei künstlich erzeugten Milchüberschüsse, die in pulverisierter Form zum Spottpreis exportiert werden.

Verteilungsgerechtigkeit

Ein weit verbreiteter Mythos ist, dass große Unternehmen ja die meisten Arbeitsplätze sichern würden. Das ist nachweislich Unsinn, werden doch sowohl in Österreich als auch in der EU insgesamt nur 15% der Arbeitsplätze von Konzernen bereitgestellt. Es sind also die vielen kleinen und mittleren Unternehmen, die den Arbeitsmarkt gestalten.

Sie sind es auch, die den Großteil der Steuerlast tragen und damit zur Sicherung unseres Sozialsystems beitragen. Denn Konzerne nutzen jeden Trick, jedes Schlupfloch und jede grenzüberschreitende Konstruktion, um möglichst wenig Steuern auf ihre Gewinne zu zahlen. Uns entgehen auf diese Weise Milliarden Euro an Steuergeld jährlich.

Neben den unmittelbaren negativen Auswirkungen für Menschen und Tiere tragen die Konzerne also auch ganz bedeutsam zur Umverteilung von unten nach oben bei. Denn mit jedem verkauften Billigprodukt steigt der Profit einer kleinen Elite – sind doch die Konzerne am Ende alle in den Händen einer kleinen Gruppe von Superreichen.

62 Milliardäre besitzen soviel wie die 3,5 Milliarden Ärmsten. Oder weiter gefasst: 1% der Menschheit besitzt mehr als 99% der Weltbevölkerung. Ihnen gehören die großen Konzerne. Es sind jene Menschen, die sich für philanthropische Initiativen abfeiern lassen als Löser von Problemen, die sie selbst geschaffen oder verstärkt haben.

Die Macht der Konsumenten

Doch was können wir dagegen unternehmen? Wie können wir das System verändern? Uns stehen zwei zentrale Handlungsfelder offen. Zunächst können wir uns der Macht der KonsumentInnen bedienen. Das bedeutet konkret, dass wir vorrangig jene Produkte konsumieren, welche eben nicht die Menschenrechte und Tierrechte gefährden.

In der gelebten Praxis bedeutet das jedoch mehr als der übliche Label-Ablasshandel. „Bio“, „Öko“, „Fair“ & Co beleuchten jeweils nur einen Teilaspekt, oftmals leider auch diesen eher scheinheilig. Die Labels, mitunter von den Konzernen selbst erfunden, geben keinerlei ganzheitliche Auskunft über die Geschichte oder Zukunft eines Produkts.

Man kann also einwandfrei sein Gewissen beruhigen, wenn man „faire“ Bananen kauft, „Bio“-Fleisch oder „ökologisch“ angebautes Gemüse konsumiert. Dennoch stecken zumeist Menschenrechtsverletzungen oder Tierleid in den Produkten. Ganz abgesehen davon, dass ebendiese in der Regel extra teuer sind um den Profit weiter zu steigern.

Wenn man tatsächlich seine Macht als KonsumentIn nutzen möchte, dann muss man vor allem sein persönliches Konsumverhalten überdenken. Das heißt: Nur das kaufen, was man wirklich konsumiert. Über ein Drittel der Lebensmittel werden unverbraucht weggeworfen. Und man sollte sich möglichst gut darüber informieren, wie die „Geschichte der Produkte“ aussieht: Wie, wann und wo wurden sie produziert, wie transportiert, wie wird die Verpackung entsorgt.

Macht der BürgerInnen

Die zweite Handlungsebene ist die Macht der BürgerInnen. Die können wir nutzbar machen, wenn wir uns selbst als politische AkteurInnen begreifen. Sowohl in der persönlichen Wirkungsebene, also am Arbeitsplatz, auf der Straße und in der Familie, als auch im Kollektiv – über die Mitwirkung in Initiativen und Organisationen.

Den Wahltagen kommt dabei eine gewisse Bedeutung zu, jedoch weit nicht in dem Ausmaß, wie es uns suggeriert wird. Denn solange unser parteipolitisches System derart marode ist wie wir es derzeit erleben müssen, solange wird unsere Stimme bei Wahlen tatsächlich eher „abgegeben“ denn als handlungsleitender Auftrag angenommen.

Umso wichtiger ist politisches Engagement über den Wahltag und über das etablierte Parteiensystem hinaus. EntscheidungsträgerInnen orientieren sich immer mehr an Meinungsäußerungen in sozialen Netzwerken, welche von Medien verstärkt werden. Das haben wir bei der Hetze in der Flüchtlings-Debatte leidvoll erleben müssen.

Diese „Schwäche“ kann man nutzen. Je mehr wir unsere Stimmen erheben, je größer der Druck von „unten“ wird, umso eher wird die Politik wieder zu den VertreterInnen der Anliegen der Bevölkerung. Dazu bedarf es jedoch des bewussten Agierens: Ja, unsere Stimmen zählen. Und wir äußern diese so lange, so laut und so vehement, bis sie gehört werden.


Beitragsbild: Oxfam

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