Ich wurde mittlerweile sehr oft gefragt, wieso ich am Wiener Landesparteitag 2016 keine Rede gehalten oder warum ich bei gewissen Anträgen so abgestimmt habe. Und auch welche Meinung ich zu den aktuellen Dynamiken in der SPÖ hätte und wo ich mich da verorte. Damit es keine Missverständnisse gibt möchte ich hier darauf eingehen.

Denn ich habe bei meiner Kandidatur im Herbst angekündigt, dass ich stets Einblick geben werde in die Motive und Hintergründe für mein Handeln. Das ist für mich essentiell. Mir ist wichtig, dass alle nachvollziehen können wieso ich mich so verhalten habe und was ich damit bezwecke.

Zu meinem Rede- und Abstimmungsverhalten

Ich habe mich diesmal bewusst entschieden keine Reden zu halten, weil im Vorfeld für mich ersichtlich geworden ist, dass es zu einer Lagerbildung kommen wird. Hitzige Diskussionen zu einzelnen Anträgen sind völlig normal in einer so großen Bewegung wie der unsrigen. Es kann aber in der speziellen Dynamik des Parteitags und in einer aufgeheizten Situation dazu führen, dass aufgrund der knappen Zeitvorgaben von so wenigen Minuten verkürzt, einseitig oder falsch interpretiert wird. Gerade bei derart wichtigen Themen halte ich das für riskant, weil ich keine weitere Zuspitzung befördern will, die der Debatte mehr nachträglich als zuträglich ist.

Ich finde es aber gleichzeitig wichtig und gut, dass wir so intensiv miteinander diskutieren können. Es ist ein Zeichen unserer Stärke, dass wir Konflikte nicht scheuen und auch bereit sind sie zu führen. Nur so können wir uns laufend an die Veränderungen in der Gesellschaft anpassen und unsere Ideale über die Zeit hinweg auch lebendig halten. Deswegen möchte ich auf diesem Weg in einer längeren Form meinen Beitrag dazu leisten, wissen wir doch alle dass der Beschluss eines Antrags lange nicht das Ende der Auseinandersetzung bedeutet.

Was uns bei aller Unterschiedlichkeit eint und überall gleichermaßen Gültigkeit haben muss, ist die gelebte sozialdemokratische Haltung, unabhängig von unseren unterschiedlichen Zugängen dazu. Die ergibt sich für mich aus den Grundwerten und der Geschichte unserer Partei. Einer Geschichte, die nicht mit der historischen ArbeiterInnenbewegung aufgehört hat. Sondern von uns jeden Tag laufend weitergeschrieben werden muss, ob Landesparteitag oder nicht.

Im konkreten möchte ich auf zwei Themen eingehen, die schon im Vorfeld und dann auch am Parteitag zu der meisten Aufregung geführt haben.

Sozialdemokratische Asylpolitik

Da wäre zunächst die Frage unserer Asylpolitik und unserem Umgang mit Schutzsuchenden. Hier unterstütze ich voll und ganz die Herangehensweise unseres Wiener Parteivorsitzenden und Bürgermeisters: Humanität und Ordnung.

Einerseits Humanität als Ausdruck unserer Haltung, als Selbstverständnis der Sozialdemokratie. Da sehe ich einen breiten Konsens bei uns und empfinde die Aufteilung in „linkes“ oder „rechtes“ Lager als widersinnig. Wer künstlich so differenziert dem ist vielleicht gar nicht bewusst wozu das führt: Zu Spaltung. Und daran beteilige ich mich nicht, weil sie uns schwächt, weil Solidarität in der Vergangenheit der Grund für unsere Stärke war.

Und andererseits Ordnung als Ebene der technischen Umsetzung unserer Haltung. Ja hier gibt es große Auffassungsunterschiede – in der Bevölkerung und in unserer Bewegung, die für sich in Anspruch nimmt ebendiese abzubilden und zu vertreten. Und da sind Zäune, Panzer und Schnellverfahren für mich die falschen Instrumente. Sie wirken eskalierend.

Wir müssen bei der Sprache und auch bei den Aktivitäten, für die wir jetzt schwerpunktmäßig Ressourcen einsetzen darauf achten, dass wir unsere Haltung klar zum Ausdruck bringen. Wir stehen seit jeher für internationale Solidarität, nicht für nationale Abschottung. Wir stehen für die Unterstützung der Ärmsten und Schwächsten bei uns und anderswo, nicht für Abgrenzung zur Verteidigung unserer Privilegien.

Inseratepolitik & Hetzmedien

Das zweite Thema ist die Vergabe von partei- und steuergeldfinanzierten Inseraten an Medien, die Hetze und Unwahrheiten verbreiten und damit zur Spaltung in unserer Gesellschaft beitragen. Natürlich müssen wir hier eine Veränderung vornehmen. Aber nicht indem wir die Bewertung an ein bestehendes externes Gremium delegieren und uns damit von dieser Verantwortung frei machen.

Weil wir selbst über genügend Knowhow verfügen um uns ein Verfahren zu überlegen, das unsere Ansprüche mit den unterschiedlichen Notwendigkeiten in Einklang bringt. Wir sollten nicht das Risiko eingehen das auszulagern sondern stattdessen selbst etwas Richtungsweisendes konzipieren, das langfristig und unabhängig von etwaigen gremialen Veränderungen in Zukunft angewandt werden kann.

Ich möchte also, dass wir uns die Zeit nehmen um ein Procedere zu entwickeln, das zeitgerecht ist, das transparent ist und das nachhaltig ist. Und vor allem möchte ich, dass wir es gemeinsam entwickeln. Deswegen habe ich für die Einsetzung einer Arbeitsgruppe gestimmt.

Ich kann gut nachvollziehen, dass große Emotionen bei beiden Themen entstehen, die ja in Wahrheit sehr eng miteinander verbunden sind und sich wechselseitig beeinflussen. Ich kann das sogar persönlich sehr gut nachfühlen, schließlich bin ich als Nachkomme von Flüchtlingen ein Kind internationaler Solidarität und war auch schon Betroffener von Hetze und Ausgrenzung.

Miteinander und nicht gegeneinander

Ich finde es aber gerade in der jetzigen Situation essentiell, dass wir nicht gegeneinander arbeiten sondern miteinander. Dass wir nicht vergessen zu differenzieren zwischen Haltung und technischer Umsetzung. Das heißt: Veränderung einfordern und aktiv an ihr mitgestalten. Aber nicht Gräben aufreißen und spalten.

In diesem Sinne plädiere ich dafür, dass wir die Vernetzung mit Gleichgesinnten vorantreiben und an der Verdichtung unserer Positionen arbeiten. Bringen wir uns für eine Veränderung ein – individuell in den bestehenden Wirkkreisen aber insbesondere auch gemeinsam in einer stärkeren kollegialen Zusammenarbeit innerhalb der SPÖ.

Suchen wir nicht die scheinbar einfache Antwort in neuen externen Bündnissen, die leider viel zu oft in Wahrheit auch die Spaltung der Sozialdemokratie im Sinn haben. Den #Aufbruch oder das #Aufstehen können wir selbst viel besser organisieren als irgendwelche Menschen von anderen Parteien und Initiativen, die so manches mal vor dem Hintergrund von gerechtfertigter Enttäuschung, gekränkten Eitelkeiten und anderen Ideologien keinen klaren Blick mehr haben.

Wenn uns das gelingt, dann können wir die Geschichte der Sozialdemokratie auch im 21. Jahrhundert auf jene Art fortschreiben, wie sie unseren Idealen entspricht. Und das ist der Grund wieso ich mich in ihr engagiere. Das ist der Grund, wieso ich auch weiterhin nach Kräften all jene unterstützen werde, die ebenso daran interessiert sind.


Foto: #lpt16, Copyright Christian Fürthner via SPÖ Wien

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