Aus leider schon wieder aktuellem Anlass, hier meine immerwährende Position zu Rot-Blau oder viel eher Blau-Rot: Sicher nicht! Und es geht hierbei nicht darum irgendwen „auszugrenzen“ oder aus Dogmatismus eine Regierungszusammenarbeit abzulehnen. Es gibt gute Gründe nicht mit der FPÖ zu koalieren. Wir sollten uns dieser bewusst sein und uns gleichzeitig fragen: Wieso gehen so viele Menschen nicht wählen? Wie können wir sie überzeugen ihr Wahlrecht zu gebrauchen und im Idealfall uns zu wählen?

Zu Beginn: Ja, Norbert Hofer haben viele Menschen bei den Bundespräsidentschaftswahlen ihre Stimme gegeben, es waren ziemlich genau 1,5 Millionen. Aber mehr als 2 Millionen waren gar nicht wählen. Bei den letzten Nationalratswahlen haben fast eine Million Menschen für die FPÖ gestimmt. Aber über 1,5 Millionen sind gar nicht zur Wahl gegangen.

Wir alle wissen (hoffentlich): Viele Menschen sind frustriert. Viele sind enttäuscht. Viele sind wütend. Aber sie sind es nicht deswegen, weil die Sozialdemokratie nicht mit der FPÖ zusammenarbeitet. Sie sind es, weil diese Regierung nicht die gesellschaftlichen Probleme in der Art und Weise löst, wie es die Menschen wünschen und brauchen.

Sie sind es, weil die Prekarisierung am Arbeitsmarkt voranschreitet, weil ihre Lebenskosten immer weiter steigen und weil die Ungleichverteilung von Reichtum weiter zunimmt. Sie sind es, weil aus genau diesen Gründen dem Staat das Geld für wichtige Versorgungsleistungen und Zukunfts-Impulse fehlt. Und die brauchen wir!

Die Unvereinbarkeit von FPÖ & SPÖ

Jetzt beginnen manche an Blau-Rot zu denken. Dabei hat die FPÖ im Parlament gegen alles gestimmt was den Menschen bei der Bewältigung ihrer Herausforderungen und was gerade den Ärmsten und Schwächsten maßgeblich helfen würde, ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Das ist kein Zufall, das ist deren sozial- und wirtschaftspolitisches Programm. Ein paar Beispiele:

Sie stimmte gegen die Einführung (2011) und gegen die Erhöhung des Pflegegelds (2014). Sie stimmte gegen die Einführung der Mindestsicherung (2010). Sie stimmte gegen Unterstützung beim Job-Einstieg für ältere Menschen (2014). Sie stimmte gegen Maßnahmen zur Bekämpfung von Lohn- und Sozialdumping (2014). Sie stimmte gegen die Ratifikation der „Europäischen Sozialcharta“ (2011). Sie stimmte gegen die Bankenabgabe (2014), gegen die Begrenzung von Luxuspensionen (2014), gegen die Streichung von Steuerprivilegien für Konzerne (2014). Und so weiter und so fort.

Dieses Stimmverhalten der FPÖ im Parlament, das ganz eindeutig nicht den Positionen der Sozialdemokratie entspricht, ist die eine Ebene der Unvereinbarkeit. Sie zeigt, dass wir ganz sicher nicht „viel gemeinsam“ haben mit den MandatarInnen dieser Partei. Es geht hier um die FunktionärInnen der FPÖ wohlgemerkt, nicht um ihre WählerInnen. Es ist wichtig das zu differenzieren.

Die zweite Ebene der Unvereinbarkeit ist der immer stärker werdende Fremdenhass in der FPÖ. Die hunderten „Einzelfälle“ von rassistischen Entgleisungen und von Verhetzungen durch ihre Mandatare, Funktionäre und Mitarbeiter dokumentieren das Gedankengut, das die FPÖ auf allen Ebenen lebt. Und jener Menschen die sie unterstützt und denen sie sich verbunden fühlt, wie u.a. die rechtsextreme „Identitäre Bewegung“.

Und nicht zuletzt: Haben wir wirklich nicht aus Schwarz-Blau gelernt? Haben wir wirklich nicht aus der Korruption, aus der Veruntreuung und aus den Angriffen auf den Sozialstaat in dieser Zeit gelernt? Müssen wir das alles nochmal erleben und uns diesmal selbst mitschuldig machen? Wollen wir wirklich um jeden Preis den Machterhalt sichern?

Das Ablenkungsmanöver

Ich sicher nicht. Hier ist meine rote Linie endgültig überschritten und auch die von zigtausenden anderen in der SPÖ. Eine Zusammenarbeit mit der FPÖ ist für mich nicht vereinbar mit meinem Selbstbild als Sozialdemokrat. Und ich glaube auch nicht, dass der Zeitpunkt zufällig gewählt ist, zu dem diese Diskussionen wieder aufflammen.

Ich halte diese neuen Vorstöße von hochrangigen SPÖ-VertreterInnen für ein Ablenkungsmanöver. Es geht in Wirklichkeit gar nicht um die Frage, ob wir uns für die FPÖ „öffnen“ sollen. Auch ihnen selbst nicht. Weil gerade diese Menschen sehr genau wissen wofür die FPÖ steht und wogegen wir auftreten (sollten). Das kann man nicht verdrängen.

Mein Appell an sie lautet daher: Kümmern wir uns um die Nicht-WählerInnen! Und ja, kümmern wir uns auch um die FPÖ-WählerInnen! Aber nicht indem wir ihre Positionen übernehmen und unsere Ideale verraten. Und nicht indem wir ihre abscheuliche Politik durch eine Koalition legitimieren. Wir lösen uns ja auch nicht als Partei auf, nur weil immer weniger Menschen zu den Wahlen gehen.

Was wir jetzt machen müssen ist den Verteilungskampf zu führen. Stellvertretend für die vielen Menschen, die unter oder am Rande der Armutsgrenze leben. Stellvertretend für die vielen Menschen, die berechtigterweise Abstiegsängste haben. Stellvertretend für die nachfolgenden Generationen, die auch noch kostenlosen Zugang zu Gesundheits- und Bildungsangeboten haben und in einer Gesellschaft aufwachsen können sollen, die nicht sozialdarwinistisch und die nicht fremdenfeindlich ist.

Hoch die Arbeit!

Gerade anlässlich des 1. Mai sollte unsere Botschaft lauten: Hoch die Arbeit! Hoch die Arbeit bedeutet: Die Arbeit neu organisieren und für mehr echte, also arbeitsrechtlich abgesicherte Jobs, kürzere Arbeitszeiten und einen guten Verdienst für alle arbeitenden Menschen zu sorgen. Hoch die Arbeit bedeutet: Die ArbeitnehmerInnen entlasten, denn sie tragen immer noch den Großteil der Steuerlast. Hoch die Arbeit bedeutet: Den Profit, der durch die Arbeit der Menschen entsteht, gerecht zu verteilen – also Spekulation eindämmen, Steuerflucht verunmöglichen, großen Reichtum stärker besteuern.

Wenn wir das machen, wenn die Politik die Probleme der Menschen löst und Rahmenbedingungen schafft, wo Entfaltung möglich und Selbstbestimmtheit gefördert wird, dann werden sie auch wieder wählen gehen. Und wenn wir unsere sozialdemokratischen Werte wieder leben, auch in der Regierung, dann werden uns die Menschen auch wieder wählen.

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