Liebe Freundinnen und Freunde, ich möchte Euch heute ein bisschen über meinen politischen Weg erzählen. Ich habe daraus nie ein Geheimnis gemacht, aber es wird von manchen gezielt so viel Unwahres darüber verbreitet, dass ich das mal ganz übersichtlich aufschreiben möchte. Denn ich habe das Parteien-System wirklich satt. In meinen 34 Lebensjahren habe ich rund 15 Jahre parteipolitisches Engagement hinter mich gebracht. Das reicht bis an mein Lebensende. Und ich bin heilfroh, letztes Jahr dieses Kapitel beendet zu haben. Jeden einzelnen Tag werde ich in dieser Entscheidung bestätigt.

Über allem die Familie

Ich stamme aus einer sozialistischen Familie. Mein Großvater mütterlicherseits, Gregorio Mena Barrales, war Landeshauptmann in Chile, kämpfte mit Salvador Allende gegen die faschistische Diktatur und wurde dafür entmachtet, interniert und gefoltert. Nach Jahren der Misshandlung durfte er ausreisen – der Preis für sein Überleben war der Verlust der Heimat. Aber er fand wegen Menschen wie Bruno Kreisky eine neue Heimat in Österreich. Als Kind war ich wie selbstverständlich bei den Roten Falken. Das gehörte bei uns einfach dazu.

Während meiner Zeit als Lehrling erwachte dann mein eigenständiges politisches Bewusstsein. Ich engagierte mich bei den jungen Christgewerkschaftern und wurde rasch ihr Vorsitzender in Wien. Für mich war das damals eine stimmige politische Umgebung, einerseits weil ich schon damals die Gewerkschaft als Kampforganisation der Arbeitenden schätzte, andererseits weil ich als Katholik viel mit der christlichen Soziallehre anfangen konnte. Ich habe viele wunderbare Menschen kennengelernt und bin dankbar für die Zeit.

Als ich mich später mit meiner Familiengeschichte beschäftigte, formte sich meine politische Identität weiter. Und sie wandelte sich nachdem ich erkannte, was zum Faschismus in Chile und anderswo auf der Welt führte – etwa das unerbittliche Profitstreben. Verstärkt wurde dies noch durch meinen Zivildienst im Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands, wo ich viel über den Austrofaschismus lernte. Ich blieb einige Jahre ohne Parteizugehörigkeit, aber ganz und gar nicht unpolitisch. Als Student war ich etwa gewählter, fraktionsloser Vertreter im Senat meiner Universität.

Im System SPÖ

Mit Mitte 20 stieg ich dann in die SPÖ ein, weil ich mich gerne in eine politische Gemeinschaft einbringen wollte. Meine Familie war ehrlich gestanden auch ziemlich erleichtert darüber. Ich war in Niederösterreich aktiv und in Wien, ich war Vorsitzender von Teilorganisationen in verschiedenen Bezirken und über die Jahre in so vielen Gremien vertreten, dass ich sie kaum noch aufzählen kann. Aber ich erinnere mich gerne an jede Erfahrung. Alles übrigens ehrenamtlich, ich erhielt nie auch nur einen einzigen Cent für mein Engagement. Und das war auch gut so, es machte mich unkorrumpierbar.

Im Sommer 2015 kandidierte ich dann, weil es mir angeboten wurde, für die SPÖ in Wien – es wurde ein Wahlkampf gegen die Cliquenwirtschaft in der eigenen Partei. Ich wurde innerparteilich dafür angefeindet und unter Druck gesetzt, aber mit unglaublich vielen Vorzugsstimmen bedacht. So manche damalige und immer noch amtierende Stadträtin ist noch heute sauer auf mich wegen der Dinge, die ich damals aufzeigte und in Frage stellte. Nach der Wahl machte ich weiter, hielt Brandreden auf Parteitagen und schrieb offene Briefe. Erfolglos. Ich konnte die SPÖ nicht verändern, all meinen Versuchen zum Trotz.

Die SPÖ wurde immer mehr nach rechts gezogen, ihre Wirtschaftspolitik immer neoliberaler. Ich sah zu, wie sich die Parteikader in erster Linie selbst versorgten und wie es für Menschen mit Migrationsgeschichte sowie für Themen wie Tierwohl, Umweltschutz und Nachhaltigkeit keinen Platz gab. Ich führte mit allen möglichen Menschen darüber Gespräche, schmiedete Allianzen, versuchte etwas Neues aufzubauen – aber alles wurde von der Parteiführung im Keim erstickt. Ich könnte ein Buch über meine Erfahrungen mit dem SPÖ-Kader schreiben. Also trat ich aus, auch wenn ich mich weiterhin als Sozialdemokrat bezeichnete. Bis heute übrigens. Ich gab meinen Job im roten Netzwerk auf und ich verlor alle Privilegien, die mit einem politischen Engagement in der SPÖ verbunden sind. Und das war mir bewusst.

Ausstieg & Abschied

Ich nahm die Chance wahr, mit einer unabhängigen Liste bei den Nationalratswahlen 2017 zu kandidieren – auf einem unsicheren Platz. Ich wusste nichts über die Vergangenheit von Peter Pilz, ich kannte die Vorwürfe gegen ihn wegen sexueller Belästigung nicht. Ich kannte auch Bruno Rossmann, Wolfgang Zinggl und Alfred Noll nicht. Hätte ich über sie alle gewusst, was ich heute weiß, hätte ich sicherlich nicht mit ihnen kandidiert. Doch das tat ich und stellte dabei den Tierschutz in den Fokus, weil es eines der Themen ist, das politisch einfach gar keine Repräsentanz im Parlament hat. Immer noch nicht übrigens. Ich konnte tausende Menschen im ganzen Land von uns überzeugen, erzielte eines der besten Vorzugsstimmen-Ergebnisse aller Kandidaten aller Parteien. Und brachte mich danach mit viel Eifer in die parlamentarische Arbeit ein, als Sprecher für Kinderrechte und Tierschutz.

Bis mir die Truppe von alten Männern gemeinsam mit ihren willfährigen Erfüllungsgehilfinnen und ihr unerbittlicher Machtwille endgültig zu viel wurde. Weil ich Sexismus und Mobbing gegenüber meiner Kollegin nicht mehr zusehen konnte. Also entschied ich mich letztlich – auch hier nach vielen erfolglosen Versuchen der internen Kritik – auszusteigen. Ich verzichtete einmal mehr auf ein gutes Gehalt, ich verzichtete einmal mehr auf einen sicheren Posten. Wieso? Weil es mir nie darum ging. Und weil ich sehe, was aus Menschen wird, die sich in die Abhängigkeit von Parteien begeben. Egal welcher. Es ist immer mit Selbstaufgabe verbunden. Und dazu bin ich nicht mehr bereit. Meine Zeit in der Parteipolitik ist seit Sommer 2018 vorbei und das bleibt auch so.

Ich gehe meinen eigenen Weg. Dabei begleiten mich manche Menschen für eine gewisse Zeit, andere schon seit Jahren. Aber mein Wirken wird sich künftig nur noch auf den zivilgesellschaftlichen Bereich beschränken, denn die Parteipolitik habe ich satt. Es gibt viele Orte sich sinnvoll einzubringen, unter anderem jetzt das Tierschutzvolksbegehren. Das habe ich genau deswegen initiiert, damit Menschen sich unabhängig von persönlichen Befindlichkeiten und Machtstreben von Parteikadern für ihre Überzeugungen engagieren können. Denn es braucht uns. Die Stimmlosen brauchen uns. Die Demokratie braucht uns. Und wir müssen weitermachen, auch wenn wir neue Wege beschreiten müssen. Ich scheue das nicht. Und ich freue mich, dass viele, viele Menschen mich dabei begleiten.

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