Noch 4 Wochen bis zum 11. Oktober. Dem Wahltag der entscheidet, ob ich künftig als Mandatar in der Politik wirke – oder nicht. Je näher dieser rückt, umso intensiver werden die Gespräche. Oft werde ich gefragt: „Wieso kandidierst du für die SPÖ?“. Diese Frage möchte ich hiermit beantworten. Und auch wieso es notwendig ist diesmal der SPÖ seine Stimme zu geben – aber keinesfalls kommentarlos. Denn wer einen blauen Bürgermeister verhindern will, muss SPÖ wählen. Und wer die SPÖ verändern will, kann mir seine Vorzugsstimme anvertrauen. Um ein klares Zeichen zu setzen: Ja, wir stehen für ein weltoffenes und soziales Wien. Aber Ja, wir verlangen auch eine echte Veränderung dieser Partei. Fundamental. Nachhaltig. Und zwar jetzt!
Wie vielen mittlerweile bekannt ist, vertrete ich Positionen und mache mich für Themen stark, die nicht als klassisch sozialdemokratisch gelten. Die Tierrechte. Da haben wir es in der SPÖ bestenfalls zu einem Konsens beim Tierschutz gebracht – mit Lücken, denn beispielsweise die Jagd in Wien oder auch Fiaker-Fahrten sind Tabuthemen. Nicht, dass es bei den „Grünen“ anders wäre, geschweige denn bei anderen Parteien, die als Lobby-Marionetten der Industrie agieren. Die Zusammenhänge zwischen Umweltschäden, Tierleid und sozialdemokratischen Kernthemen wie der Reichtumsverteilung, ist noch nicht allen bewusst. Und daran muss man arbeiten, auch wenn es auf Widerstand stößt.
Ich vertrete eine bedingungslos menschenrechtliche Haltung: Ohne scheinheilige Differenzierung zwischen Menschen die vor Krieg bei uns Schutz suchen und jenen, die vor Armut und Hunger fliehen. Mit dem Wahlrecht für Ausländer*innen und freiem Arbeitsmarktzugang für Asylwerber*innen. Arme Menschen (jedweder Herkunft) sollten nichts für grundlegende Bildungsangebote oder öffentliche Verkehrsmittel zahlen – kurzum: Geben wir den Menschen endlich eine echte Chance auf ein selbstbestimmtes Leben und befreien wir sie von strukturellen Abhängigkeiten. Wir könnten uns das leisten. Und viel wichtiger: Wir können es uns nicht leisten, es nicht zu machen.
Ich setze mich für Verteilungsgerechtigkeit ein – denn Neoliberalismus und Profitsucht dürfen nicht länger ungebremst wüten. Diese Herausforderungen können wir nicht allein an die Gewerkschaften delegieren, wir selbst samt Politik müssen grundsätzlich umdenken. Wir müssen Konzerne und Superreiche stärker besteuern, die Anhäufung gigantischer Reichtümer verunmöglichen und bei öffentlichen Investitionen darauf achten, dass sie nicht zu einer Verstärkung der Ungleichverteilung beitragen. Die Stadt Wien verwaltet ein Budget von jährlich 12 Milliarden Euro – das ist eine Wirtschaftskraft, die in der Lage ist etwas zu verändern. Wenn sie denn entsprechend genutzt wird.
Und ich kritisiere unser parteipolitisches System an sich. Wer nicht einer bestimmten Clique in seiner Partei angehört, wer nicht bereit ist den Oberen zu huldigen, der kann in der Regel nicht politisch gestalten. Nicht überall, aber viel zu oft. Dabei könnte (Selbst-)Kritik etwas Produktives sein, könnte ein freier Diskurs zu einer Belebung der Gemeinschaft und Schärfung des Profils führen. Ohne das geht etwas Essentielles in jeder Bewegung verloren: Der Kampfgeist. Gegenwärtig ist es so, dass man sich mit Kritiker*innen am besten nicht öffentlich zeigt – aus Angst vor Repression. Und ja, diese „Abgrenzung“ habe ich im Wahlkampf auch schon persönlich erlebt.
Mit Deiner (Vorzugs-)Stimme zwei Entwicklungen beeinflussen
Und trotzdem: Ich kandidiere mit und für die SPÖ. Ein Widerspruch? Für mich nicht. Im Gegenteil. Und bin da im Geiste bei Bruno Kreisky der 1980 sagte: „Glaubt mir, am Ende meiner politischen Laufbahn, denn ich bin natürlich am Ende meiner Laufbahn, dass ich sehr genau unterscheiden kann zwischen dem was man Werbung für eine Partei und Werbung für eine Idee heißt. Und mir steht immer die Werbung für eine Idee höher als die Werbung für eine Partei, auch wenn ich ihr Vorsitzender bin.“
Ich bin nicht am Ende meiner Laufbahn – wenn überhaupt, dann eher am Beginn. Aber ich differenziere schon jetzt zwischen meiner Meinung und der sogenannten Parteilinie, die oftmals nur die Ansichten der aktuellen Elite wiederspiegelt. Für mich macht parteipolitisches Engagement nur dann Sinn, wenn es für eine Politik der Prinzipien steht. Und für mich ist das Wirken in einer Partei nur dann erfüllend und wertvoll, wenn man auch als Mensch mit eigener Meinung wahrgenommen wird. Gerade in der Partei für alle Menschen. Gerade dort muss es möglich sein offen aussprechen zu können wofür oder wogegen man steht.
Meine Prinzipien sind mir wichtiger als das Schulterklopfen von Höhergestellten und meine Positionen gebe ich auch nicht für Posten auf. Weil Sozialdemokrat*innen im Sinne der Ideale grundsätzlich kritische Menschen sein sollten, die sich bedingungslos gegen Ausbeutung und Unterdrückung stellen: Egal von und gegenüber wem. Ich glaube an diese wertebasierte Sozialdemokratie – in Wien ist sie in Teilen präsent, aber nicht durchgängig. Das möchte ich ändern. Und bin damit auch nicht alleine: Mich haben hunderte Zuschriften von aktiven wie ehemaligen Mitgliedern erreicht, die mich auf meinem Weg unterstützen. Die zusammen an einer progressiven SPÖ arbeiten wollen.
Und diesmal haben wir die Chance mit unserer Stimme gleich zwei Entwicklungen zu beeinflussen: Ob Wien künftig von einer rechtsextremen Partei regiert wird. Und ob die Sozialdemokratie endlich (wieder) jene progressive Kraft wird, als die wir sie brauchen. Es ist essentiell, es reicht aber nicht, einen blauen Bürgermeister zu verhindern. Wir müssen auch sicherstellen, dass diese Stadt zu einer echten Stadt der Menschenrechte wird. Wir müssen daran arbeiten, dass sie auch zur Stadt der Tierrechte wird. Und wir müssen uns dafür einsetzen, dass die Verteilungsgerechtigkeit zur zentralen Perspektive jeglicher politischen Entscheidung wird. Es ist möglich. Mit Eurer Vorzugsstimme.