Mit der Wiener Tierschutzombudsfrau Eva Persy und Gemeinderat Joe Taucher war ich vor kurzem vor Ort. Und habe kennengelernt, wie zeitgemäße Tiervermittlung aussieht.
Hundewelpen in Glaskästen, am Straßenrand ausgesetzte Katzen, Hasen die in der Auslage sitzen – ich habe in den letzten Monaten schon viele Missstände dokumentiert, auf die mich WienerInnen aufmerksam gemacht oder die ich in Einkaufszentren und bei Spaziergängen durch die Stadt selbst beobachtet habe. Gemeinsam mit vielen anderen habe ich Petitionen unterstützt, Briefe an die Politik geschrieben, Aufrufe geteilt und damit versucht den Anliegen der Tiere in der Stadt eine Stimme zu geben und jene zu unterstützen, die sich für sie unermüdlich einsetzen.
Doch ich wollte mir auch einmal die andere Seite ansehen – Wo landen all die Tiere, die in einem „Impulskauf“ in einer Tierhandlung erworben und später ausgesetzt oder von der Behörde abgenommen werden, weil die BesitzerInnen nicht die Verantwortung übernehmen wollten, die damit einhergeht? Wer kümmert sich um diese armen Lebewesen und wie läuft ihre Betreuung genau ab? Weil ich mehr Informationen haben wollte und ich grundsätzlich nicht alle Jubelbotschaften glaube, die mitunter so auf Prospekten stehen, habe ich mir das mal genauer angesehen.
In Begleitung zweier großartiger Menschen, der Wiener Tierschutzombudsfrau Eva Persy und des Wiener Gemeinderats Josef Taucher, mit denen ich das Glück habe immer wieder zusammenarbeiten zu dürfen, besuchte ich vor kurzem das TierQuarTier Wien. Geführt wurden wir von der TierQuarTier Wien-Mitarbeiterin Annemarie Hurban, die uns jede Frage im Detail beantworten konnte, was sich bei all den Eindrücken als unschätzbare Hilfe herausstellte. Schließlich gibt’s so viel zu sehen von der tollen Arbeit die dort täglich geleistet wird.
Aber der Reihe nach. Im Zentrum steht die Tiervermittlung: Das TierQuarTier Wien ist dazu da, ausgesetzten, behördlich abgenommen oder entlaufenen Tieren ein temporäres Zuhause zu bieten. Man kann hier keine Tiere abgeben. Tiere, die hierher kommen, werden meist von der Tierrettung Wien gebracht. Die Tierrettung Wien ist unter der Wiener Tier-Helpline +43 1 4000-8060 des Veterinäramtes der Stadt Wien erreichbar. Die kann man übrigens jederzeit anrufen – und sollte man auch. Auf rund 10.000 Quadratmetern werden hunderte Hunde, Katzen und Kleintiere medizinisch versorgt, liebevoll betreut und irgendwann wieder geeignet vermittelt.
Bei der Vermittlung nimmt man sich Zeit, und das ist gut so. Denn es wird sehr genau darauf geachtet, dass es auch wirklich langfristig passt. Deswegen ist der Ablauf auch umfangreich: Online-Vorstellung, persönliches Gespräch, Fragebogen, geschützte Begegnungen und erst dann, wenn wirklich klar ist, dass Mensch & Tier auch harmonieren, gibt’s eine Übergabe.
Das finde ich sehr wichtig und hat mich tief beeindruckt, denn so wird sichergestellt, dass Tiere die eine mitunter recht leidvolle Vergangenheit haben, nicht noch mehr schlechte Erfahrungen sammeln müssen. So und nicht anders sollte die Annäherung und Entscheidung zu einer Lebensgemeinschaft von Mensch und Tier ablaufen. Nicht im Geschäft, vielleicht noch dazu im Rahmen einer „Aktion“, und schon gar nicht illegal aus dem Kofferraum heraus.
Hunde, Katzen und Kleintiere sind in getrennten Bereichen untergebracht, wobei jeweils darauf geachtet wird, dass die Lärm- oder Geruchsbelästigung nicht zu groß wird. Denn das bedeutet Stress für die Tiere. Man kann auch nicht beliebig durch die Wohnbereiche der Tiere spazieren oder sie einfach mal anfassen, sie sind halt auch kein Spielzeug. Hier erkennt man die Wertschätzung gegenüber den Tieren: Ihre Unversehrtheit ist zentral, die Wahrung ihrer Würde und die Steigerung ihres Wohlbefindens sind große Anliegen, für die kaum Mühen gescheut werden. Vorbildlich!
Natürlich kann man, wenn man sich sicher ist und das vorhin beschriebene Procedere durchlaufen hat, auch in Kontakt mit den Tieren treten. Dafür wurden – besonders wichtig bei der Vergabe von Hunden – eigene Begegnungszonen geschaffen, wo man sich quasi „gegenseitig beschnuppern“ kann. Im Grunde wird hierdurch die Möglichkeit gegeben eine Beziehung aufzubauen und herauszufinden, ob man zueinander passt.
Einen großen eigenen Bereich gibt es auch für die ehrenamtlichen BetreuerInnen, welche die MitarbeiterInnen bei ihren vielen Aufgaben unterstützen. Das Ehrenamtsprojekt des TierQuarTiers Wien, das sehr professionell aufgesetzt ist, mit Schulungen und intensiver Betreuung, ist für mich ein gelungenes Beispiel dafür, wie man engagierte Menschen sinnvoll einbinden kann. Derzeit ist ihr Bedarf übrigens fast gedeckt – es gibt so viele tolle Wienerinnen und Wiener, die sich bereits hier für Tiere persönlich einsetzen!
Natürlich kann man auch auf eine andere Weise die wichtige Arbeit des TierQuarTiers Wien unterstützen. Durch Spenden. Und das haben bereits sehr viele getan, was auf einer Wand festgehalten wurde – so viele Spenderinnen und Spender! Das goldene Wiener Herz schlägt eben auch für Tiere. Sachspenden kann man auch abgeben, hier gibt es auf der Homepage immer eine aktuelle Übersicht, was gerade benötigt wird.
Ich scheue mich bekanntlich nicht vor Kritik, wenn ich es für notwendig erachte. Und das gefällt auch vielen nicht. Aber hier gibt’s an der Arbeit mit und für die Tiere wirklich nichts auszusetzen, das TierQuarTier Wien und seine MitarbeiterInnen leisten hervorragende Arbeit. Ich bin richtig froh, dass wir in Wien dieses europaweit im Spitzenfeld rangierende Kompetenzzentrum beheimatet haben.
Wir sind noch lange nicht am Ende unseres Kampfes für einen stärkeren Tierschutz. Solange Pferde für Fiaker-Fahrten durch die Stadt missbraucht werden, Welpen in Glaskästen in Einkaufszentren sitzen oder Mäuse in Laboren für Versuche herhalten müssen, dürfen wir nicht ruhen. Aber ich denke solche Einrichtungen wie das TierQuarTier Wien bringen uns ein ganzes Stück weiter in unseren Bemühungen, irgendwann aus Wien eine echte „Tierrechtsstadt“ zu machen.