Über mein Facebookposting zur Kommunikationsstrategie der Neuen Rechten anlässlich des Rechtsextremen-Kongresses, welches zu einer Klage wegen übler Nachrede durch „Fass ohne Boden“-Blogger Alexander Surowiec führte. Wieso die Klage abgewiesen wurde und das für die Wahrung unserer Meinungsfreiheit von großer Bedeutung ist.
Wie ich Euch bereits erzählt habe, bin ich immer wieder aufgrund meines politischen Engagements mit Anfeindungen konfrontiert: Von Diffamierungsversuchen jedweder Art bis hin zu Mord- und Gewaltdrohungen. Und manchmal bedrohen mich und meine finanzielle Existenz auch Klagen. Wegen einer solchen musste ich mich kürzlich vor dem Straflandesgericht Wien verteidigen. Mit meinem Anwalt Michael Pilz und mit Erfolg. Wie es dazu kam und was wir daraus lernen können und sollten – ein kurzes Resümee.
Der Anlass
Am 29. Oktober 2016 fand in den Linzer Redoutensälen der Kongress „Verteidiger Europas“ statt. Veranstaltet wurde er von Personen und Organisationen, die dem rechtsextremen, antisemitischen und verschwörungstheoretischen Spektrum zuzuordnen sind. Entsprechend groß war der öffentliche Aufschrei und zahlreiche Personen des öffentlichen Lebens, sowie antifaschistische Institutionen versuchten dieses Vernetzungstreffen durch Bewusstseinsbildung und diverse Protestaktionen noch zu verhindern. Leider erfolglos, die Oberösterreichische Landesregierung blieb bei ihrer Entscheidung, die Prunksäle der Stadt Linz zur Verfügung zu stellen.
Ein maßgeblicher Motor der Mobilisierung im Vorfeld war das Mauthausen Komitee Österreich, welches auf Facebook ein Video veröffentlichte, in welchem ihr Obmann, der von mir sehr geschätzte Gewerkschafter Willi Mernyi, auf Mechanismen der Manipulation durch Rechtsextreme hinwies. Dieses Video teilte ich auf meiner Seite und schrieb dazu einen kleinen Beitrag, weil es mir wichtig war folgendes aufzuzeigen.
Rechtsextremes Gedankengut und seine Verbreitung
Und zwar den Umstand, dass rechtsextreme Kreise bewusst versuchen durch die Zusammenarbeit mit vermeintlich „kritischen Bloggern“ eine Form von Legitimität und Salonfähigkeit zu erwirken. Dass durch diese Feigenblätter willentlich oder grob fahrlässig auch der Verbreitung von rechtsextremem Gedankengut leise und subtil Vorschub geleistet wird. Dass wir hier besonders auch in sozialen Netzwerken aufmerksam sein und diese Strategie von Beginn weg durchschauen und thematisieren müssen.
Am Beispiel des Kongresses erwähnte ich dabei u.a. Alexander Surowiec, den Betreiber des Blogs „Fass ohne Boden“. Warum? Weil Herr Surowiec als Referent beim Kongress angekündigt war. Ich kannte ihn zuvor zwar nicht, warf dann aber einen Blick auf seinen Blog und die zugehörige FB-Seite. Und da sah ich, dass er mit Walter Asperl auf einem Foto posierte, dem bekannten Mitglied der rechtsextremen Burschenschaft Olympia und Herausgeber der fragwürdigen Plattform Unzensuriert.at.
Als ich mir dann auch noch die ReferentInnenliste des Kongresses näher ansah, die OrganisatorInnen und die mitwirkenden PublizistInnen, kam ich zu dem Schluss: Da wird versucht, Alexander Surowiec und sein „kritisches Blogprojekt“ als Feigenblatt zu benutzen um Legitimität bei der Verbreitung rechtsextremer Positionen zu erhalten.
Wenn zumindest einer der ReferentInnen nicht auf der Liste der bereits einschlägig Bekannten steht, dann könne man so tun, als würden auch Konservative an einer solchen Veranstaltung teilnehmen und diese keine reine Leistungsschau von rechtsextremen Gruppen sein. Und Alexander Surowiec lässt das durch seinen Auftritt beim Kongress zu. Er, der für die ÖVP bei den Wiener Gemeinderatswahlen kandidiert hat. Er, damals noch Pressesprecher des Jungen Wirtschaftsbunds.
Vom Posting zur Gerichtsverhandlung
Kaum zwei Tage nach dem Posting erreichte mich ohne vorherige Kontaktaufnahme das Schreiben des Anwalts von Herrn Surowiec. Ich solle einen überhöhten Geldbetrag als Entschädigung zahlen und einen Widerruf veröffentlichen aus dem hervorgeht, dass er kein Rechtsextremer sei. Um Ärger zu vermeiden und die Sache außergerichtlich zu lösen – schließlich war ich noch nie vor Gericht und auf diese Erfahrung nicht besonders neugierig – veröffentlichte ich einen Widerruf, in dem ich klar stellte, dass ich nicht Herrn Surowiec persönlich unterstelle, rechtsextremes Gedankengut zu verbreiten, verweigerte aber natürlich jede Zahlung. Und dachte es sei damit erledigt.
War es leider nicht. Bald darauf erhielt ich ein weiteres Schreiben – diesmal wurde ich darüber informiert, dass von Herrn Surowiec vor dem Straflandesgericht Wien nunmehr eine Privatanklage gegen mich wegen übler Nachrede eingereicht wurde. Dass er nun schon 7.000 Euro Entschädigung und die Übernahme aller Gerichts- und Anwaltskosten von mir verlangt. Ich muss zugeben, ich war schockiert.
Anfang dieser Woche fand die besagte Verhandlung statt. Im Beisein meiner Frau, die mir wenige Tage vor dem Geburtstermin unseres Sohns trotzdem den Rücken gestärkt hat, wurde ich vom Richter befragt. Ich konnte meine Sichtweise darlegen, es wurde mein Posting und die Einschätzung von Surowiec über seine Teilnahme am Vernetzungstreffen diskutiert. Eine lehrreiche, wenngleich auch sehr unangenehme Erfahrung. Am Ende die für mich frohe Kunde: Ich bin freigesprochen, die Klage wird abgewiesen. Und zwar aus zwei Gründen, die ich hier kurz ausführen möchte.
Warum dieses Urteil so wichtig ist – für uns alle
Erstens, weil Herr Surowiec nach Auffassung des Gerichts eine Person sei, die sich auf Grund der eigenen politischen Aktivität durchaus auch Kritik gefallen lassen müsse. Meine Kritik ist nicht beleidigend oder diffamierend, sie ist zulässig. Gerade auch deswegen, weil, Zweitens, ein hinreichendes „Tatsachensubstrat“ vorhanden ist, welches meine Aussagen stützt.
Ja, es ist – angesichts seiner Mitwirkung beim Kongress – legitim zu schreiben: „Rechtsextremes Gedankengut verbreitet sich manchmal auch ganz leise. Subtil. Das ist besonders gefährlich und manipulativ, weil es nicht auf den ersten Blick ersichtlich ist und daher nach und nach einsickern kann. Gerne werden zur Legitimierung rechtsextremer Positionen auch Netzwerke mit „kritischen“ Blogs gesucht. Einen solchen betreibt zum Beispiel Alexander Surowiec mit „Fass ohne Boden“, wo er „furchtlosen und schonungslosen Journalismus“ betreibt. Zwar ist Herr Surowiec selbst nicht rechtsextrem, nur vielleicht konservativ oder rechtspopulistisch; er gibt aber das Feigenblatt für eine rechtsextreme Veranstaltung, wie den in Linz abgehaltenen „Kongress Verteidiger Europas.“
Dieses Urteil stärkt uns. Nicht nur mich persönlich, auch wenn es meine Familie und mich vor großem finanziellen Schaden bewahrt. Denn es verteidigt unser Recht auf freie Meinungsäußerung. Es verhindert, dass das Aufzeigen gefährlicher Entwicklungen, wie es die Verbreitung von rechtsextremem Gedankengut über die Kooperation mit kritischen Blogs zweifellos ist, eingeschränkt wird. Es verhindert, dass wir nicht mehr kritisieren dürfen, was noch vor wenigen Jahren eine Unart gewesen wäre: Die Vernetzung mit Rechtsextremen und deren Verharmlosung.
Diese Erfahrung war für mich belastend und mühsam aber sehr lehrreich. Auch weil ich gesehen habe, wer in entscheidenden Situationen hinter mir steht – und wer nicht. Sowohl innerhalb der SPÖ Wien als auch außerhalb. Das ist eine extrem wichtige Erkenntnis für mich. Denn ich bin einer der ganz wenigen SozialdemokratInnen, die im Netz derart öffentlich für unsere Ideale einstehen. Und so natürlich auch bevorzugtes Ziel von Drohungen und Anfeindungen.
Ich möchte an der Stelle jedenfalls allen voran Veronika danken, die mich bei der Recherche und Vorbereitung auf die Verhandlung unterstützt hat. Bei meinem Anwalt, Michael Pilz, der mich unaufgeregt und hochkompetent durch das Verfahren gelotst hat. Und einigen anderen Personen aus dem Umfeld der SPÖ und aufrechten AntifaschistInnen, die ich nicht namentlich nenne, weil ich sie nicht zur Zielscheibe machen möchte.