Zur Wahl des Bundespräsidenten wurde eigentlich schon alles gesagt. Man kennt die Kandidaten, teilweise besser als man sie kennen möchte. Man kennt ihre Haustiere, ihre Familienangehörigen, ihre Essgewohnheiten, ihre musikalischen Vorlieben. Und viel wichtiger: Man kennt mittlerweile auch hinreichend ihre politischen Netzwerke, ihre UnterstützerInnen und ihre Financiers.

Ihr alle wisst, dass ich Rudolf Hundstorfer im ersten Wahlgang unterstützt habe. Weil ich ihn seit langem kenne und schätze. Ich habe mich zu ihm bekannt als er der „populärste“ sozialdemokratische Regierungspolitiker war und ich bin zu ihm öffentlich gestanden, als er im Wahlkampf fallengelassen wurde. Auch von den eigenen Leuten. Weil ich so bin.

Trotz des leidenschaftlichen Einsatzes von manchen hat er es nicht geschafft. Ok. Im zweiten Wahlgang habe ich dann Alexander Van der Bellen unterstützt. Nicht weil er mir so sympathisch wäre, ich ihn persönlich kennen oder seine Ansichten in allen Punkten teilen würde. Im Gegenteil, manches finde ich sogar ziemlich befremdlich. Auch dazu stehe ich nach wie vor.

Ich habe ihn nun bereits zweimal gewählt, weil es hier um viel mehr als um die Wahl eines Menschen geht. Das ist nur die oberflächliche Betrachtungsebene. Und es ist das, was diejenigen uns glauben machen wollen, die absolut kein Interesse daran haben, dass wir zu viel über die Konsequenzen unserer Wahlentscheidung nachdenken. Mit aus ihrer Sicht gutem Grund.

In unzähligen Medienberichten und tausenden Postings in den sozialen Netzwerken ist ersichtlich geworden, welches Gedankengut sich hinter dem anderen Kandidaten, seinem Wahlkampfmanager, seinem Parteichef oder anderen FunktionärInnen verbirgt. Sie bemühen sich auch nicht mehr wirklich es groß zu vertuschen. Man kann es in frei verfügbaren „Handbüchern“ nachlesen.

Diese Offenheit, mit der sie ihre zum Teil extremen Ansichten zur Schau stellen und mit der sie von Menschen unterstützt werden, die weit außerhalb des Verfassungsbogens stehen, ist erschreckend. Und daraus kann mitunter auch abgeleitet werden was auf uns zukommt, sollten sie bei dieser Wahl gewinnen. Ich will mich nicht wundern müssen, was alles möglich ist.

Auch ich will einen politischen Systemwandel. Dafür engagiere ich mich politisch. Den brauchen wir sogar dringend, denn so wie bisher kann es einfach nicht mehr weitergehen. Sowohl von der Regierungspolitik her als auch was die Strukturen politischer Mitbestimmung anbelangt. Aber ich will keinen Systembruch, sondern einen Wandel. Von innen und von außen – gemeinsam.

Das wird eher nicht möglich sein mit Menschen, die zuerst ein Amt komplett abschaffen wollen, dann über die Etablierung einer neuen Führerfunktion als Fusion aus Bundeskanzler und Bundespräsident sinnieren, die bei Bedarf auch den „Knüppel rausholen“, unseren Sozialstaat demontieren und dafür Superreiche vor einem fairen Steuerbeitrag schützen wollen.

Die Moslems, MigrantInnen, Obdachlose, MindestsicherungsbezieherInnen, Arbeitslose und demnächst vielleicht chronisch Kranke, Alte und Menschen mit Behinderungen deklassieren. Die Frauenrechte nur dann interessant finden, wenn sie diese für ihren „Ethnopluralismus“ instrumentalisieren können und ansonsten bspw. Frauenhäuser am liebsten schließen würden.

Es ist nicht so, dass ein Wahlsieg von Alexander Van der Bellen sicherstellen könnte, dass Ausgrenzung, Hetze und Diskriminierung aufgehalten werden. Aber wenn er nicht gewinnt, dann fällt der nächste Dominostein. Und das Risiko ist mir einfach zu groß, dass dieser der entscheidende sein könnte, der unsere Gesellschaft endgültig zum Kippen bringt.


Foto: © Wolfgang Zajc via vanderbellen.at

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