Vor kurzem wurde ein wichtiger Erfolg für die Tierrechte in Wien erzielt – die auf der Ausbeutung von Tieren basierende “Attraktion” im Prater, das sogenannte „Pony-Karussell“, wird demnächst endlich geschlossen. Ein Erfolg vor allem auch für die einschlägige NGO-Szene, die mit Unterstützung der Stadt Wien und der Tierschutzombudsstelle erreichen konnte, dass die Betreiberin dem Druck schlußendlich doch nachgab.
Dem gingen teilweise jahrelange öffentliche Kampagnen voraus und monatelange Gespräche hinter verschlossenen Türen. Einen entscheidenden Einfluss aber hatten am Ende, wie die Betreiberin selbst in einem Interview freimütig einräumt, zwei konkrete Faktoren und beide haben etwas mit dem Engagement der Menschen, also dem Druck von unten bzw. individueller gesellschaftspolitischer Zivilcourage zu tun. Sehen wir uns das genauer an.
Die Macht der KonsumentInnen & BürgerInnen
Zum einen wurde der Finanzdruck auf das Betreiber-Unternehmen immer größer, weil über die Jahre immer weniger Menschen ihre „Attraktion“ im Prater beanspruchten. Dem liegt ein kontinuierlich im Steigen befindlicher gesellschaftlicher Bewusstseinswandel zugrunde, der auch maßgeblich auf die hervorragende Kampagnenarbeit von großen Tierschutz-NGOs wie etwa den Vier Pfoten oder dem Verein gegen Tierfabriken (VGT) zurückzuführen ist.
Denn je mehr Menschen über das Leid und Elend von Tieren erfahren, je besser sie über Hintergründe, Zusammenhänge und Auswirkungen informiert sind, umso weniger sind sie bereit sich an der Ausbeutung von Lebewesen zu beteiligen. Das erleben wir in den unterschiedlichsten Bereichen – ob bei Pelzwaren, bei Fleisch aus Massentierhaltung oder bei Kosmetik-Produkten, für die nach wie vor Laborversuche durchgeführt werden.
Zum anderen wurde die Empörung der Menschen immer lauter und sichtbarer. Dazu tragen entscheidend die sozialen Netzwerke bei, denen auch bei gesellschaftspolitischen Themen ein gewaltiger Verstärker-Effekt zukommt. Ein einfaches Posting auf Facebook kann binnen kürzester Zeit hunderttausende Menschen erreichen, wodurch mitunter auch klassische Medien auf gewisse Entwicklungen aufmerksam werden.
Das war beim Pony-Karussell ganz eindeutig der Fall, wo nach meinem recht emotionalen Facebook-Posting vom Mai, indem ich anlässlich eines Prater-Besuches das Tierleid knapp aus persönlicher Sicht kommentierte. Es erreichte insgesamt über 500.000 Menschen, führte zu einer entsprechenden medialen Berichterstattung (u.a. im Kurier) und ein Wieder-Aufflammen der öffentlichen Diskussion.
Wieso Politik & NGOs uns brauchen
Wir brauchen eine tierschutzbewusste Politik und eine engagierte Verwaltung. Das Beispiel Pony-Karussell hat gezeigt, dass die in diesem Sinne agierende staatliche Ebene einen ganz wichtigen Beitrag leistet – sowohl die zuständige Stadträtin als auch die weisungsfreie Tierschutzombudsstelle haben von Beginn an die Verhandlungen begleitet und unterstützt. Das ist wichtig, doch es reicht nicht. Sie brauchen uns: Als aktive und mündige BürgerInnen, die auf Probleme aufmerksam machen und notfalls auch mit entsprechendem Nachdruck mehr Bewegung einfordern.
Wir brauchen die großen NGOs. Sie haben die Strukturen, das Personal und (dank vieler Spenden) auch die Mittel, um Kampagnen professionell umzusetzen, vor Ort Hilfe zu leisten und gemeinsam mit ExpertInnen an der Ergründung und Lösung oft schwieriger Situationen zu wirken. Doch das reicht nicht. Sie brauchen uns – als Geldgeber, als ehrenamtliche AktivistInnen und noch viel mehr als UnterstützerInnen und VerstärkerInnen ihrer Arbeit.
Denn viel zu oft stehen sie übermächtigen Lobbys gegenüber, die mitunter alle Instrumentarien der Manipulation und Beeinflussung nutzen, um für ihr Profitstreben den Tierschutz zu behindern. In diesem „Machtkampf“ können am Ende oftmals aufmerksame und wahrnehmbare BürgerInnen maßgeblich dazu beitragen, dass die Interessen der Tiere auch entsprechend durchgesetzt werden.
Was wir daraus lernen können und sollten
Das Beispiel Pony-Karussell ist aus meiner Sicht beliebig übertragbar auf andere Bereiche des Tierschutzes, sicherlich aber auch auf jene der Menschenrechte oder des Bemühens um mehr Verteilungsgerechtigkeit. Denn es zeigt die Wirksamkeit des demokratischen Grundprinzips: Je höher die Beteiligung der Einzelnen, desto stärker der kollektive Druck von unten und umso eher werden „die da oben“ sich bewegen.
In Zeiten erodierender politischer Strukturen, in denen der klassischen Parteiarbeit längst nicht mehr jene Wichtigkeit zukommt wie noch vor Jahrzehnten (obgleich ich sie nach wie vor für wichtig halte), ist der Einsatz der Einzelnen umso bedeutender. Aber nicht losgelöst von den Aktivitäten anderer, sondern als ein Zusammenwirken der Couragierten. Jeder und jede auf ihre Weise, aber mit einem gemeinsamen Ziel. Wenn wir das schaffen, dann gelingen uns auch weitere Verbesserungen für den Tierschutz.
Wir müssen demnach künftig noch stärker auf zwei Ebenen wirken: Einerseits die Bewusstseinsbildung vorantreiben. Das machen wir, indem wir weiterhin auf Mißstände hinweisen, Zusammenhänge (etwa Finanzflüße oder Firmengeflechte) aufzeigen und Auswirkungen sichtbar machen. Hier leisten viele kleine Initiativen und große NGOs gemeinsam mit öffentlichen Stellen bereits jetzt gute Arbeit, an deren Verbreitung wir uns – bspw. durch das liken und teilen auf Facebook – beteiligen sollten.
Andererseits gilt es sich persönlich für eine Veränderung zu engagieren. Das kann auf unterschiedlichste Art und Weise erfolgen: In entsprechenden Vereinen Mitglied werden, kleine Geldbeträge projektbezogen spenden, Petitionen unterschreiben, an einer Demonstration mitwirken und vor allem auch den persönlichen Konsum hinterfragen. Wichtig ist sich bewusst zu machen, dass die große Veränderung im Tierschutzbereich nur durch viele kleine Bewegungen einer kritischen Masse herbeigeführt werden kann.