Es gibt PolitikerInnen, die machen einem Hoffnung. Hoffnung, dass unser politisches System doch nicht zum Scheitern verurteilt ist. Hoffnung, dass die Sozialdemokratie doch noch eine gute Zukunft auf Basis ihrer Werte und Ideale hat. Einer von diesen ist Mario Lindner, aktuell der Präsident des österreichischen Bundesrats.

Mir ist er schon früher aufgefallen, so richtig Einblick in seine wichtige Arbeit und die zugrundeliegenden Ansichten, konnte ich aber erst im Rahmen von #AufanKaffee gewinnen, zu dem er mich kürzlich ins Parlament einlud. Es war eine sehr spannende und wertvolle Begegnung, an der ich Euch gerne teilhaben lassen möchte.

Mario Lindner ist Gewerkschafter, er ist Steirer, er ist der amtierende Präsident des Bundesrats, der zweiten Kammer des Parlaments. Und er ist homosexuell. Nicht, dass das der wichtigste Bestandteil unseres Gesprächs gewesen wäre, aber sein Outing im Rahmen der Regenbogenparade im Juni, wo er u.a. mit Bundeskanzler Christian Kern unterwegs war, sorgte für viel Aufsehen.

Wir leben im Jahr 2016, wo die höchstpersönliche Entscheidung über das Bekenntnis zur eigenen sexuellen Identität eigentlich keine große Sache mehr sein sollte. Ist sie aber scheinbar, umso mehr, wenn man das vierthöchste Amt der Republik bekleidet. Ich bewundere seinen Mut für das öffentliche Outing, stellt er sich damit doch auch Hass und Missgunst von Ewiggestrigen.

Von der Zivilcourage zur „Digitalen Courage“

Dieser Mut zeichnet Mario Lindner aus und es ist wohl kein Zufall, dass er den Schwerpunkt seiner halbjährigen Bundesrats-Präsidentschaft zu den Themen „Zivilcourage, Demokratie und politische Bildung“ gesetzt hat. Zivilcourage, wörtlich „Bürgermut“, heißt sich einzusetzen: Für Menschen in Not, für ein besseres Zusammenleben und vieles mehr.

Es bedeutet sich zu wehren, auch gegen das Unrecht das anderen passiert. Diese Zivilcourage möchte Mario fördern. Auch als Bundesratspräsident, schließlich kann dieses Gremium viel mehr als ihm gemeinhin zugeschrieben wird – Gesetze abändern und selbst einbringen etwa. Es ist die einzige Institution im staatlichen Gefüge, die Regionen, Land und Bund verbindet und mit dem „Zukunftsausschuss“ über ein europaweit fast einzigartiges Gremium verfügt, dass sich über die Tagespolitik hinaus langfristigen Fragestellungen widmet.

Ein besonderes Anliegen ist ihm die Förderung der „Digitalen Courage“, also des positiven Einsatzes in sozialen Netzwerken: „Wir haben eine große Tradition der Zivilcourage in Österreich – wenn man sich nur die viele ehrenamtliche Arbeit ansieht, die täglich bei uns geleistet wird. Aber dieses Engagement bildet sich leider noch nicht im Netz ab. Wir müssen die persönliche Verantwortungsübernahme dort stärken.“

Dazu wird er im November auch eine parlamentarische Enquete abhalten. Hier findet er in mir einen leidenschaftlichen Mitstreiter, betreibe ich meinen Blog und die Facebook-Seite doch nicht zuletzt auch deshalb, um die digitalen Echokammern aufzubrechen, Menschen mit Fakten statt Manipulation zu versorgen und Räume des Dialogs zu öffnen.

Ein oftmals schwieriges Unterfangen, aber Mario ist wie ich von der Notwendigkeit überzeugt: „Mir ist wichtig, dass wir auch in sozialen Netzwerken zu unseren Werten und Überzeugungen stehen. Es geht mir nicht primär darum gegen etwas zu sein, sondern für etwas: Für die Unterstützung von Armutsbetroffenen, Flüchtlingen oder Diskriminierten. Für die gelebte Solidarität mit Menschen in Not. Ich denke da müssen wir noch viel aktiver werden.“

Mario ist ein kritischer Mensch. Und er ist einer, der klar kommuniziert, wenn ihm etwas missfällt: „Aufgabe der Politik ist es Dinge klar auszusprechen, auch wenn sie manchen nicht gefallen. Wir brauchen mehr Mut zur Wahrheit, die Leute halten das aus. Das ewige Schönreden kann niemand mehr hören“. Wie wahr. Und wie wunderbar, dass auch ein so ranghoher Sozialdemokrat offen äußert, was ich sonst nur an der „Basis“ höre.

Arbeit vor Ort – in den Regionen für die Menschen

Vermutlich hat ihn sein Lebensweg geprägt. Er kommt vom Land, genauer gesagt aus Landl in der Steiermark. Dort ist seine politische Heimat, dort sitzt er nach wie vor im Gemeinderat. Beruflich wirkte er in seiner Lehrzeit als Jugendvertrauensrat, später als Bundesjugendsekretär des Österreichischen Gewerkschaftsbundes (ÖGB). Nach einem Intermezzo in Wien zog es ihn wieder in seine Heimat-Region, wo er nun als Regionalsekretär des ÖGB wirkt. Es war eine bewusste Entscheidung wieder zurückzugehen: „Ich will bei den Menschen sein, ihnen mit konkreter Hilfe bei der Lösung von Problemen zur Seite stehen. Das kann ich vor Ort viel besser.“

Vor Ort sein – ein ganz wichtiges Element seiner Arbeit. Denn ein Abgeordneter zum Bundesrat, das ist eigentlich ein regionaler Mandatar. Die BundesrätInnen werden von den jeweiligen Landtagen beschickt, den Großteil ihrer Arbeit leisten sie in den Regionen. So ist Mario beispielsweise auch Vorsitzender des Regionalvorstands des steirischen Bezirks Liezen, wo er stark an der Entwicklung des ländlichen Raums arbeitet.

Der ehemalige ÖBB-Lehrling, der nun eines der höchsten Ämter im Staat innehat und es für die Förderung der Zivilcourage nutzen möchte. Der Gewerkschafter aus Landl, der sich öffentlich zu seiner Homosexualität bekennt und lieber bei den Leuten vor Ort ist, weil er ihnen dort besser helfen kann. Der Politiker, der kritisch eine Änderung im System verlangt und sich für eine solche auch persönlich einsetzt. All das ist Mario Lindner und ich bin froh, dass ich ihn kennenlernen durfte. Es wird nicht unsere letzte Begegnung gewesen sein.

Viel Erfolg auf deinem weiteren Weg, lieber Mario, und sei Dir dabei meiner Unterstützung sicher!

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