Von Gatterjagd über Welpen in Glaskästen, von Laborversuchen bis zu Tierfabriken: Noch nie waren die Missstände im Umgang mit Tieren so ersichtlich. Dennoch versagt die Politik regelmäßig bei der Übernahme ihrer Verantwortung und beugt sich zu oft den Interessen von Lobbys.

Ein würdevolles Leben für Tiere, der Schutz und die Stärkung ihrer Rechte, ist ein Herzens-Anliegen von Millionen von Menschen. Viele kleine und größere NGOs wirken, unterstützt durch Spendengelder, an der Betreuung von ausgesetzten oder misshandelten Tieren oder versuchen Rahmenbedingungen für sogenannte Haus-, Nutz- und Wildtiere zu verbessern. Mit schwankendem Erfolg – denn die Anbindung zur Politik ist schwach und Entscheidungen werden zu oft entlang von Profitinteressen getroffen.

Obwohl wir alle in der persönlichen Lebenswelt irgendeinen direkten Bezug dazu haben, scheint das Thema auf politischer Ebene bislang kaum Niederschlag zu finden. Doch in Verbindung mit anderen gesellschaftspolitischen Fragen wie dem Klimawandel oder der Veränderung der Ernährungsgewohnheiten, rückt der Umgang mit Tieren auch abseits der ethischen Dimension immer stärker in den öffentlichen Fokus. Wo stehen wir aktuell im Tierschutz in Österreich? Wie agieren politische Akteure und welche Entwicklungen sind absehbar? Betrachten wir im nachfolgenden exemplarisch einige Beispiele, um grundlegende Haltungen und Positionen zu skizzieren.

Das Versagen der Politik

Traditionell ist die Jägerschaft politisch in der ÖVP beheimatet und verfügt über gute Netzwerke, vor allem im ländlichen Bereich, um ihre Interessen durchzusetzen. In Wien wurde jüngst in Zusammenarbeit mit NGOs das Jagdgesetz in Richtung ökologisches Wildtiermanagement reformiert[1]. Auch wenn Jagdverbände nun Sturm laufen[2] und mit haarsträubenden Argumenten dagegenhalten: Es ist ein Schritt in die richtige Richtung. In anderen Bundesländern gibt es erste Gespräche hinsichtlich einer Beschränkung der Gatter- und Zuchttierjagd, wesentliche Fortschritte sind jedoch noch nicht zu vermelden.

Der aktuelle Kriterienkatalog des ÖVP-Wissenschaftsministeriums für Tierversuche ist nicht nur ein Rückschritt, er wird von NGOs gar als „oberflächlich und Schlag ins Gesicht von Tierschützern“[3] bezeichnet. Obwohl ExpertInnen die Sinnhaftigkeit anzweifeln und immer mehr Studien den mangelnden medizinischen Nutzen der angewandten Verfahren unterstreichen, wird offenbar den Interessen der Pharmaindustrie von Seiten der Politik mehr Raum gegeben als den Sorgen der Bevölkerung.

Die „traditionsreiche“ Touristenattraktion Fiaker-Fahrt, bevorzugt in Altstadt-Gebieten durchgeführt, ist auch im Jahr 2016 noch immer politisch sakrosankt. Obgleich aus Tierschutzperspektive kaum Zweifel bestehen, dass der Einsatz von Tieren zur Beförderung von Kutschen durch enge Gassen, bei jeder Temperatur und inmitten des Verkehrs, dem Wohlbefinden der Tiere nicht zuträglich ist[4], wagen es die politischen EntscheidungsträgerInnen bislang nicht, hier eine zeitgemäße Regelung umzusetzen.

Der damaligen ÖVP-Tierschutzministerin ist es zu verdanken, dass der Welpenhandel in Geschäften noch immer blüht. Auch wenn zahlreiche Verstöße gegen die ohnehin recht laschen Schutzbestimmungen dokumentiert sind – eine Änderung ist nicht absehbar. Dabei ist allen ExpertInnen klar, dass die räumliche Separierung von jungen Tieren, die Zurschaustellung in Glaskästen inmitten von Einkaufszentren, ihrer Entwicklung abträglich ist.

Das große Thema Tierfabriken, worunter grob alle Bedingungen der Produktion und Verwertung von Nutztieren zusammengefasst werden können, ist politisch ebenfalls weitestgehend unbehandelt. Der Tierschutzgedanke steht jedenfalls hier nicht im Vordergrund und wird argumentativ bisweilen völlig pervertiert – wie die jüngste „Schweinegesundheitsverordnung“ zeigt, die offensichtlich nur darauf abzielt, Tierschutz-AktivistInnen von der Dokumentation von Missständen abzuhalten[5].

Auch auf struktureller Ebene gibt es mit dem vor kurzem novellierten Gemeinnützigkeitsgesetz eine Manifestation der Benachteiligung des Tierschutzes[6]. Obgleich vom Aufkommen des Spendenvolumens auf Rang 2 befindlich, gibt es nach wie vor keine steuerliche Absetzbarkeit abseits von Institutionen, die Tierheime betreiben. Auch hier kann vermutet werden, dass das wahre Motiv zur Schlechterstellung in der Verhinderung des Aufbaus von handlungsfähigen Tierschutz-Strukturen besteht.

Nicht locker lassen: Tierschutz geht uns alle an

Wir sehen also schon an diesen wenigen Beispielen, dass auch im Jahr 2016, über 10 Jahre nach Beschluss des Bundestierschutzgesetzes, der Tierschutz kaum über eine nennenswerte politische Verankerung verfügt. Die Aktivitäten der EntscheidungsträgerInnen reichen in der Regel über reine Symbolakte im Bereich der Haustiere und entsprechende Fototermine kaum hinaus. Zu groß scheint die Angst vor dem Druck der Profiteure, als dass hier im Sinne der Tiere gehandelt würde.

Das Agieren der Politik ist unverantwortlich, weil die Behandlung von Tieren unser Leben massiv beeinflusst – sei es im Bereich der Gesundheit oder auf ökologischer Ebene. Es ist ärgerlich, weil Steuergelder gerade bei der Fleischproduktion über Subventionen massiv zur Umverteilung von unten nach oben eingesetzt werden. Es ist kurzsichtig, weil in der Bevölkerung ein großes Bedürfnis nach echtem Tierschutz besteht und dieses nach wie vor nicht entsprechend aufgegriffen wird. Und es ist am Ende vor allem unwürdig, weil wir inzwischen soweit sein sollten anzuerkennen, dass es sich bei Tieren nicht um Objekte sondern um Lebewesen handelt, die ebenso ein Recht auf ein möglichst leid- und schmerzfreies Leben in Würde haben.

Wir als BürgerInnen sind aufgefordert, die Politik in diesen Fragen nicht unbehelligt zu lassen und unseren Protest gegen die gelebte Scheinheiligkeit lautstark kundzutun. Wie bei jeder Verletzung oder Bedrohung von Gerechtigkeit gilt das auch bei Tierrechten – umso mehr, als dass die Betroffenen sich selbst nicht verteidigen können. Das erreichen wir über die Beteiligung an Protestmärschen, Unterschriftenaktionen oder die persönliche Ansprache von Abgeordneten und Regierungsmitgliedern. Wichtig ist, dass wir nicht aufhören eine Tierschutzpolitik einzufordern, die diesen Namen auch verdient.


Quellen und weiterführende Links:
[1] Vgl. http://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20151216_OTS0093/vgt-obmann-und-forstdirektor-wien-neues-wildtiermanagment-lainzer-tiergarten
[2] Vgl. bspw. http://www.jagdundnatur.tv/episode/JagdstudioNoe
[3] Vgl. https://bohrn-mena.at/wp-content/uploads/2018/08/demo-img.jpg/news-press/pressearchiv/2015/20151104/
[4] Vgl. http://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20130719_OTS0012/vier-pfoten-startet-online-petition-fuer-fiakerpferde
[5] Vgl. http://www.martinballuch.com/tierschutzministerium-will-schon-wieder-das-filmen-in-tierfabriken-verbieten und http://derstandard.at/2000022385339/Staat-unterstuetzt-Agrargeheimhaltung
[6] Vgl. https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/SNME/SNME_05149/imfname_482719.pdf

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