Es sind jetzt ziemlich genau vier Jahre vergangen, seit ich aufgehört habe Fleisch zu essen. Und obwohl ich mich beruflich und privat eher nicht in vegetarisch- oder vegan-dominierten Kreisen bewege, erlebe ich bei immer mehr Menschen ein Umdenken. Nicht, dass alle aufhören würden Fleisch zu essen – aber mehr denn je hinterfragen ihre Essgewohnheiten, denken darüber nach ihren Fleischkonsum zu reduzieren. Und das finde ich sehr wichtig.

Dieses Hinterfragen ist unterschiedlich motiviert. Für manche geht’s rein um den gesundheitlichen Aspekt: Der industrielle Brainwash, die manipulative und teils groteske Werbung, wonach Fleischkonsum gesund sei, körperlich stark und geistig fit mache, funktioniert immer weniger. Zurecht, denn alle Studien zeigen: Zuviel Fleisch ist schädlich – jedenfalls mehr als 500g pro Woche. Ganz abgesehen von diversen Skandalen rund um die Fleischverarbeitung, Stichwort „Gammelfleisch„.

Für andere geht’s primär um die ökologische Dimension des Fleischkonsums, also die Auswirkungen der Fleischproduktion auf Natur und Umwelt. Die Fleischproduktion ist erwiesenermaßen ein massiver Faktor im Klimawandel. Je nach Berechnung ist sie mit Anbau von Futtermitteln, Beheizung, Verarbeitung, Transport und Verdauungsgasen der Tiere, der global betrachtet zweitgrößte bzw. größte Verursacher von Treibhausgasen.

Und nicht zuletzt möchten sich viele auch einfach nicht mehr am Kreislauf des Leids beteiligen, der im Zuge der Fleischproduktion in Gang gesetzt wird und heute besser denn je von NGOs dokumentiert wird. Von den Qualen in den Tierfabriken über Massentransporte bis hin zur Schlachtung. Fleisch zu essen bedeutet unweigerlich diesen Kreislauf am Leben zu erhalten, mit Schattierungen auch bei Bio- oder Gütesiegel-Fleisch.

Ich möchte diese drei Perspektiven, also Gesundheit, Ökologie & Ethik, aber um eine weitere, für mich ganz wichtige ergänzen: Verteilungsgerechtigkeit. Auf unserem Teller bildet sich auch die steigende Konzentration von Vermögen ab. Eine Konzentration, wir durch die Wahl unseres Konsums auch beeinflussen können. Hier spielt der Fleischkonsum eine wichtige Rolle.

Immer größere Tierfabriken zulasten von kleinbäuerlichen Strukturen, die Zerstörung ursprünglicher Natur durch den Anbau von Futtermittel, die Subventionierung und Förderung der Produktion und des Exports mit Steuergeldern, schlechte Arbeitsbedingungen und niedrige Löhne für MitarbeiterInnen – all das nützt in erster Linie den Profiten der Konzerne und ihrer Geldgeber.

In der Zusammenschau all dieser Effekte der Fleischproduktion und des Fleischkonsums, fühle ich mich als jemand der die Menschenrechte und den Umwelt- wie Tierschutz ernst nimmt darin bestätigt, auch weiterhin kein Fleisch zu essen. Und es ist mir ein großes Anliegen auf die Zusammenhänge und Auswirkungen auch auf politischer Ebene aufmerksam zu machen. Denn gerade an unserer Ernährung kann man gut erkennen, wie tägliche Entscheidungen das eigene und das Leben vieler anderer maßgeblich beeinflussen.

Ich halte dabei nichts von Missionierung – jeder und jede muss für sich selbst entscheiden, ob und wie viel Fleisch er oder sie konsumiert. Ich halte aber auch nichts von Verdrängung – wir sollten die Fakten anerkennen und sie außer Diskussion stellen. Und intensiv darüber nachdenken, ob wir als Gemeinschaft wirklich weiterhin Prozesse steuerlich subventionieren oder fördern wollen, die auf so vielen Ebenen Schaden und Leid verursachen.

Eines muss uns klar sein: Fleischproduktion und Fleischkonsum werden nie ohne oben genannte negative Effekte auskommen. Aber wir können sie durch strengere Gesetze, mehr Kontrollen und höhere Strafen zumindest verringern – in allen betroffenen Bereichen. Und natürlich auch durch bewussteren Konsum. Wenn wir also unsere Macht als politisch bewusste BürgerInnen und reflektierte KonsumentInnen nutzen, auf individueller Ebene genauso wie als Kollektiv.


Foto via Süddeutsche Zeitung

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